Kipppunkte des Klimas—1,5 Grad schon zu viel?

Rekordtemperaturen, Waldbrände, Flutkatastrophen. Der Klimawandel ist längst da.
Mittlerweile wissen das die Meisten, aber den Wenigsten ist es wirklich bewusst. Ich bin mir nicht sicher, ob es einfach nur Verdrängung ist oder bloße Unterschätzung der Bedrohung. Fakt ist: wir haben ein Problem. 
Unser Klima erwärmt sich immer weiter. Durch CO2 und Methanausstoß heizen wir es immer weiter an. Die Politik tut viel zu wenig dagegen und in ein paar Jahren werden wir sehr wahrscheinlich die 1,5 Grad, auf dessen Begrenzung man sich im Pariser Klimaabkommen geeinigt hat, überschreiten. Um auch nur eine 50-prozentige Chance zu haben, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, müssten bis 2030 die Treibhausgasemissionen weltweit um die Hälfte, bis 2050 auf Netto-Null, also quasi komplett,  reduziert werden. 
Seit vorindustrieller Zeit hat sich das globale Klima im Schnitt schon etwa 1,1 Grad erwärmt. Selbst, wenn alle bisherigen Verpflichtungen eingehalten werden, steuern wir auf 2,6 Grad zu, es muss also noch einiges mehr passieren.

Sind 1,5 Grad schon zu viel?

Definitiv ja. Eine neue Studie aus Schweden kommt zu dem Ergebnis, dass wir den sicheren Klimazustand schon bei 1 Grad verlassen haben. Mit jedem Zehntelgrad wird unser Klima unsicherer. Sogenannte „Kipppunkte“ werden unumkehrbar überschritten und sorgen dafür, dass sich durch Rückkoppelungseffekte die Erde noch mehr erwärmt. 

Was genau sind Kipppunkte und welche gibt es?

Kippelemente sind Systeme, die durch einen Temperaturanstieg so sehr gestört werden, dass sie zusammenbrechen und sich nicht mehr davon erholen können. Insgesamt fand man 16 Stück. Neun von ihnen haben globale Auswirkungen auf das Klima, die restlichen sind regional sehr relevant.

Rot: Kipppunkt bei 1,5 Grad „wahrscheinlich“ ; Gelb: Kipppunkt wird bei 1,5 Grad „möglich“

Der Kipppunkt ist der Punkt, an welchem der Zustand des Systems plötzlich soweit kippt, dass es keine Möglichkeit gibt es wieder herzustellen. Eine aktuelle Studie stuft fünf der 16 Kippelemente bei einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad als „wahrscheinlich“ ein (siehe Karte).

Eisschilde

Die Eisschilde tauen immer schneller ab, aber ab ihrem Kipppunkt gibt es kein Zurück mehr. Selbst, wenn das Klima sich dann nicht weiter erwärmen würde, würden sie trotzdem weiter schmelzen. Dabei legen sie deutlich dunklere Landflächen frei, die wiederum mehr Wärmestrahlung absorbieren können. So erhitzt sich die Erde also noch schneller und die Gletscher schmelzen wiederum noch schneller ab. Ein Rückkopplungseffekt.

Permafrostböden

Permafrostböden sind Böden, die ab einer bestimmten Tiefe das ganze Jahr gefroren bleiben. Es gibt sie also nur in sehr kalten Regionen, die nicht von Gletschern überdeckt sind. In ihnen sind Unmengen an Pflanzenteilen eingefroren, die aufgrund der Kälte nicht zersetzt werden konnten. Sie haben also eine gewaltige Menge an Kohlenstoff gespeichert (weltweit 1.300 Gigatonnen). Wenn sie nun durch den Klimawandel abtauen, werden die Pflanzenteile sozusagen nachträglich zersetzt und es wird sehr viel CO2 und Methan freigesetzt. Wenn alle Permafrostböden auftauen würden, dann würde dies das globale Klima um weitere 0,3 Grad erwärmen.

Strömungen

Jeder, der „The Day After Tomorrow” geguckt hat, sollte eine ungefähre Vorstellung davon haben, was passiert, wenn Strömungen, wie der Golfstrom, abgeschwächt werden: das lokale Klima verändert sich (weil wir zum Beispiel weniger warmes Wasser aus dem Südwesten bekommen). Auch, wenn die Auswirkungen wahrscheinlich weniger drastisch als im Film werden, so wird die Klimaveränderung spürbar sein. Die Strömungen sind Zirkulationen des Meerwassers, welche hauptsächlich durch den Salzgehalt beeinflusst werden. Das Hauptproblem ist daher das Schmelzwasser des Festlandeises und das schwindende Wintereis. Der Golfstrom ist schon jetzt so schwach wie seit 1000 Jahren nicht mehr.

Gibt es überhaupt noch Hoffnung?

Ja, es gibt immer Hoffnung. Auch, wenn es einem manchmal schwerfällt, daran zu glauben. Ich habe bisher von keiner Studie oder ähnlichem gelesen, die sagt, dass alles zu spät ist. Tatsächlich scheinen sich die Wissenschaftler ziemlich einig zu sein, dass es noch möglich ist, den Klimawandel stark abzumildern. Allerdings ist dafür ein extremer Wandel nötig. Sowohl gesellschaftlich als auch politisch. Das bedeutet aber auch, dass wir kämpfen müssen. Denn Nichtstun bedeutet entweder, dass man die Hoffnung aufgegeben hat oder, dass einem der Klimawandel egal ist. 
Wir als Einzelperson können schon eine Menge tun.

 „Ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, einen Unterschied zu machen.“

 ~Greta Thunberg, Gründerin von Fridaysforfuture 

Am allerwichtigsten ist es aber, dass unsere Politiker endlich effektive Maßnahmen für den Klimaschutz treffen. Deshalb müssen wir auf die Straßen gehen und demonstrieren. Am nächsten Freitag, dem 23.09.22, findet wieder ein globaler Klimastreik statt. Wenn euch auch nur ein kleines bisschen an eurer Zukunft liegt, sehen wir uns sicher dort.
Wir sitzen alle in einem Boot. Erwartet nicht, dass wir anderen es alleine vor dem Sinken bewahren können.

Weiterführende Links:

https://www.scinexx.de/news/geowissen/klima-kippelemente-instabiler-als-gedacht/

https://www.scinexx.de/news/geowissen/nordatlantik-warme-sommer-hemmen-umwaelzpumpe/

https://utopia.de/ratgeber/kipppunkte-klima/

von der Albedo-Umweltschreibgemeinschaft

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