Ferienfahrt auf der Santos Express – Finn Fuhrmann

Das erste Mal auf großer Fahrt: Hamburg-Callao 2019

Moin moin, ich möchte euch hier von meinem etwas ungewöhnlichen Praktikum auf einem
großen Containerschiff mit Kurs Peru erzählen. Los ging es zwar schon im Juni 2019, aber
gerade in diesen langweiligen Zeiten, in denen einem die Decke auf den Kopf fällt, möchte
ich noch einmal meine Eindrücke der sechswöchigen Reise mit euch teilen.

Ich habe mir gedacht, dass ich vorab mal meine „Mitfahrgelegenheit“ in Relation setze 😉

Das Schiff, die „Santos Express“ der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd ist von Heck
bis Bugspitze tatsächlich länger als der Eiffelturm hoch ist. Und auf genau diesem Giganten
hatte ich meine eigene Kammer und wurde quasi zum 25. Besatzungsmitglied. Mehr
Personen, in diesem Fall fünf Deutsche, zwei Osteuropäer und ansonsten Filipinos, braucht
es heutzutage nicht, um die bis zu 11.519 Container zuverlässig über die Weltmeere zu
bewegen.
Für mich begann die Reise im Heimathafen Hamburg, wo sich das Schiff gerade für ein paar
kleine Arbeiten in der Werft befand. Könnt ihr mich auf dem Foto entdecken?


Irgendwann hieß es dann aber endlich „Leinen los“ für die Fahrt die Elbe hinunter. Ich durfte
unter Aufsicht des Lotsen und der Offiziere sogar für eine Weile ans Steuer. Dabei bin ich
zwar echt ein bisschen ins Schwitzen gekommen, aber es ist schon ein cooles Gefühl so viele
tausend Tonnen Stahl auf Kurs zu halten! Einen Tag später waren wir dann auch schon im
belgischen Antwerpen, wo ich nachmittags Zeit für einen Landgang in die Altstadt hatte,
bevor es am nächsten Morgen wieder weiter nach Frankreich ging für einen letzten Stopp in
Europa. Denn dann folgten acht Tage Wasser, Wasser und noch mehr Wasser. Langweilig
war das aber keineswegs, da ich gut in den Schiffsalltag eingespannt war. Im Wechsel war ich
entweder von 8 Uhr morgens bis etwa 16 Uhr im Maschinenraum, wo definitiv alles etwas
überdimensioniert ist und es immer viel zu tun gab, oder vormittags an Deck für
beispielsweise Reinigungs- und Farbarbeiten und dann nachmittags auf der Brücke für
nautische Aufgaben, wie Arbeit mit Seekarten oder Kompasskontrolle. Am achten Tag, als
Wetter und Wasser bereits spürbar tropischer waren, hatte ich großes Glück in meiner
Mittagspause Fliegende Fische zu beobachten.


Die Tage darauf in karibischen Gewässern folgte ein kurzer Anlauf der Dominikanischen
Republik, den ich für einen Nachmittag am Strand nutzen konnte, und ein Tag in Cartagena,
Kolumbien, wo mich der Kontrast zwischen einer wunderschönen Altstadt und dem
modernen Wolkenkratzerviertel fasziniert hat. Natürlich waren die Hafenanläufe für den
Großteil der Crew nicht so entspannt wie für mich, da hunderte Container in kürzester Zeit
be- und entladen werden mussten und dabei stets der Überblick gehalten werden musste.
Auch ich war mehrere Male bei der so genannten Ladungswache dabei, wo jede
Containerbewegung dokumentiert und notfalls korrigiert wird.

Eines der Highlights war dann die Passage des Panama-Kanals, der Atlantik und Pazifik
miteinander verbindet. Dieses Nadelöhr ist eine wichtige geographische Abkürzung, die sich
die Reederei für eine einzige Durchfahrt allerdings auch gut 500.000 US-Dollar kosten lässt.
Unser Schiff musste durch drei riesige Schleusenkammern insgesamt 26 Meter über den
Meeresspiegel gehoben werden und anschließend wieder hinunter. Es war für mich auch
definitiv der anstrengendste Tag, weil ich bei der tropischen Hitze viele Kilometer für
unterschiedliche Aufgaben an Bord zurückgelegt habe. Aber auch für mein Filmprojekt
zusammen mit der 3. Ingenieurin, welches ihr hier sehen könnt:

Und hier noch ein Making-of 😉



Auf der Pazifikseite gab es einige Buckelwale zu beobachten und am vorletzten Tag sogar ein
paar Delfine, die in unserer Bugwelle spielten.

Leider endete dann nach einem weiteren Zwischenstopp in Kolumbien meine Reise mit dem
Rückflug aus Lima in Peru. Die Tage danach musste ich mich erstmal wieder daran
gewöhnen, nicht zwei warme Mahlzeiten am Tag zu bekommen und keine Waffeln sonntags.

Insgesamt hat mir das Praktikum sehr viel Spaß gemacht und ich erinnere mich gerne an die
Zeit mit der super coolen Crew zurück. Ob ich nach der Schule aber wirklich zur See fahren
werde, steht noch in den Sternen. Ich persönlich sehe da nämlich auch eine Schattenseite,
die ich hier aber nicht beleuchten werde. Trotzdem kann ich euch ein solches
Ferienpraktikum nur ans Herz legen, um einen super Berufseinblick zu erhalten und
gleichzeitig ein bisschen die Welt zu entdecken. Für weitere Infos sprecht mich
einfach an 🙂

Ich hoffe, euch hat mein kurzer Einblick gefallen und ich bedanke mich bei allen, die bis
hierhin gelesen haben ;-). Wer nun Lust bekommen hat auf weitere Fotos, der kann sehr
gerne auf meiner Homepage vorbeischauen, wo es auch noch einmal einen ausführlicheren
Reisebericht gibt. https://finnfuhrmann.wordpress.com/reisebericht-santos-express/


Noch ein paar Interessante Fakten:

Das stählerne Herz – die Hauptmaschine ist vergleichsweise klein, aber auch verbrauchsarm.
Mit 34.224 Kilowatt leistet sie trotzdem mehr als 300-mal so viel wie ein deutsches
Durchschnittsauto. Der Verbrauch bei Höchstgeschwindigkeit von 21 Knoten (39 km/h) liegt
bei etwas mehr als 150 Tonnen Treibstoff pro Tag. Kein Wunder, dass die Tankrechnung
schnell in die Millionen geht. Ich habe mal überschlagen – Wir haben während meiner Zeit
an Bord ca. 13000 Kilometer zurückgelegt, was 44-mal der Strecke von Hamburg nach Berlin
entspricht. Dafür haben wir ungefähr 2500 Tonnen Treibstoff verbraucht. Mit dem Auto
würde man mit einer solchen Tankfüllung etwa 36.000.000 Kilometer weit fahren können,
was 900-mal dem Erdumfang entspricht!

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